REMSCHEID Die junge Pianistin
Gehui Xu meisterte Klassiker mit keckem Spiel Die Chinesin ist ein
neues Gesicht in der Runde der jungen Talente, die bei Weltklassik
am Klavier auftreten. Das machte neugierig.
Von Daniel Diekhans
150 Besucher füllten die Klosterkirche – und wurden
nicht enttäuscht. Mit erstklassig leidenschaftlichem Spiel riss die
mehrfach preisgekrönte 24-Jährige, die zurzeit ihren Master an der
Musikhochschule Hannover macht, ihre Zuhörer mit.
Für die Interpretin sprach auch ihre Werkauswahl.
Schumanns „Zwölf Symphonische Etüden“, ein Gipfelpunkt der
Klavierliteratur des 19. Jahrhunderts, schloss das Konzert
ab.
Dabei war die Eröffnung anspruchsvoll genug. Als
Beethoven seine „Sonate Nr. 4“ schrieb, war er kaum älter als Gehui
Xu und schuf hier eines seiner umfangreichsten Solowerke. Den
Kopfsatz ging die Pianistin sehr schnell, geradezu keck an. Die
richtige Methode, um das weitgespannte Mobile aus Tönen in Bewegung
zu setzen.
Diese Spannung nahm sie auch mit hinein in das
„Largo“, das sie mit durchlaufenden Begleitfiguren zum Vibrieren
brachte. Im „Allegro“ war dann der Weg frei für sich fast
überstürzende Läufe, während der letzte Satz durch das rege
Gespräch zwischen Bass und Diskant gefiel.
Nach der Pause ging es wunderbar weiter
Wie gut Gehui Xu auf dem Klavier tanzen kann,
zeigte Isaac Albeniz’ „Triana“. Ein Kabinettstück, in dem sie die
Rhythmen der spanischen Zigeunermusik in brillante Klangfarben
tauchte.
Mit der „Forelle“ ging’s in romantische Gefilde.
Aus Liszts Version des Schubert-Lieds machte die Pianistin echte
Wassermusik – mit brillanten Oktavenläufen, die das Auf und Ab der
Wellen zum Klingen brachten.
Ebenso frisch und beweglich kam Schuberts
„Impromptu Nr. 3“ daher. „Jetzt wird’s wunderbar“, kündigte
Veranstalterin Andrea Lugg nach der Pause an. Ein Versprechen, das
Xu mit den „Symphonischen Etüden“ einlöste.
Als kraftvollen Marsch legte sie den Auftakt an.
Dramaturgisch klug folgte die „Nr. 11“ an, bei dem sie den Bass
murmeln und in der rechten Hand gleich zwei Stimmen erklingen
ließ.
Eine reife Leistung war auch der Sechzehntel-Spurt
der „Nr. 9“, der „so schnell wie möglich“ gespielt werden musste.
Bei der „Nr. 6“ sprang die linke Hand über die Tastatur – und traf
immer den richtigen Ton.
„Wow!“, rief das Publikum nach dem letzten „Allegro
brillante“ und kriegte sich kaum ein. Gern setzte sich Genui Xu
noch einmal ans Klavier und spielte Liszts „2. Ungarische
Rhapsodie“.